Interviews

mit Hanno Herzler

Die Interviews wurden zwar meist nicht im Zusammenhang zum Weltraumabenteuer geführt, aber sind dennoch sehr interessant.



Hanno Herzler über seine Hörbuch-Biografie zu Georg Friedrich Händel

Passend zu Händels 250. Todestag im Jahr 2009 hat Hanno Herzler eine lebendige Hörbuch-Biografie aus Sprechertexten und Musik erstellt. Im Interview sprach er mit uns über die außergewöhnliche Produktion "Ich weiß, dass mein Erlöser lebt" und seine Beweggründe, ein Hörbuch zu Georg Friedrich Händel zu veröffentlichen.

Was fasziniert Sie so sehr an Händel und seinem "Messias",

dass Sie ihm ein Hörbuch widmen, Herr Herzler?

Einfach gesagt: Kein Oratorium hat so viele Menschen aus so unterschiedlichen Kulturen und Generationen so tiefgreifend bewegt wie Händels „Messias“, und das trotz des tiefgreifenden Wandels der letzten Jahrhunderte. Das gelingt nur einem wahrhaft universalen Werk. Diese Wirkung wird unterstrichen durch die Geschichte der Entstehung dieser Musik: aus tiefer persönlicher Not heraus. Ganz offensichtlich hat Gott diese Musik benutzt, um – in Verbindung mit den zugrunde liegenden Worten der Heiligen Schrift – Menschenherzen anzurühren, angefangen mit dem des Komponisten selbst. Und das geschieht noch heute, wovon auch die zahlreichen modernen Fassungen zeugen, von denen etliche im Hörbuch vorgestellt werden.
„Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber“, schreibt der Apostel Paulus (2. Korinther 5,19). Man möchte hinzufügen: „Gott ist im ,Messias’ und hat nicht aufgehört, Menschen miteinander und mit sich selbst zu versöhnen, sie zu berühren, zu trösten und zu heilen.“


Was macht die Produktion so besonders?

Das Hörbuch „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“ wagt den Spagat, sowohl die christlich-erbauliche als auch die historisch-musikwissenschaftliche und schließlich die künstlerisch-inspirierende Seite der Geschichte zu beleuchten. Die Hoffnung, all diesen Hörergruppen gerecht zu werden, gründet in der einfachen Tatsache, dass auch für mich persönlich alle diese Aspekte wichtig, interessant und bewegend sind. Das habe ich bei meiner Recherche gemerkt. Das Hörbuch enthält neuere und neueste Forschungsergebnisse (zum Beispiel was Händels „Gloria“ angeht, seinen „Schlaganfall“ oder die geistigen Quellen für das Libretto zum „Messias“), aktuelle Kunst (Auszüge aus Mirjana Angelinas Theaterstück!) und exklusives Material („Der ,Messias’ in Israel“ oder „Der Heilmacher von Halle“). Dazu kommt die lebendige Mischung aus Wort und Musik – der Musik „des volkstümlichsten Oratoriums, das je komponiert wurde“ (Doron K. Antrim), der Musik des „nahezu einzigen vorklassischen Werkes, das auf eine bis heute ununterbrochene Aufführungstradition zurückblicken kann“ (Claus-Erhard Heinrich).


Wie entstand die Idee,

Georg Friedrich Händel die Stimme des bekannten Sprechers Philipp Schepmann zu verleihen?

Philipp und ich versuchen seit unserer ersten Zusammenarbeit in den „Daniel“-Hörspielen der GERTH-Serie „Abenteuer zwischen Himmel und Erde“, wo er Nebukadnezar genial interpretiert hat, wieder etwas Gemeinsames zu machen. Jetzt hat es endlich geklappt!


Der Hörbuch-Biografie ging eine umfangreiche Recherchearbeit voran.

Können Sie uns etwas über die Entstehung Ihrer Produktion erzählen?

Wie lange haben Sie zunächst Forschungsergebnisse zusammengetragen und

an welche Orte hat es Sie dabei verschlagen?

Die erste Adresse zu Händel in Deutschland dürfte das Händelhaus in Halle sein. Dort kriegt man (fast) alles zu lesen und zu sehen, was den Komponisten und Menschen angeht. Man bekommt eine Gänsehaut, wenn man Händels eigene Partituren in die Hand nehmen kann. Und man atmet fast sogar seine Luft, weil es ja auch sein Geburtshaus ist. Die anderen Kontakte, etwa nach London, wo sein langjähriges Wohnhaus in der Brook Street seit einigen Jahren endlich als Museum gestaltet ist, oder zu bedeutenden zeitgenössischen Händelkennern, liefen telefonisch oder per E-Mail. Überall ist mir eine überwältigende Offenheit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft entgegengeschlagen, als ich von dem Projekt erzählte.


Welche Aspekte aus dem Leben von Georg Friedrich Händel haben Sie besonders beeindruckt?

Mich hat sein unbändiger Durchsetzungswille inspiriert, den er schon als Kind gegenüber seinem Vater brauchte, um überhaupt musizieren zu dürfen. Später paarte sich das mit bodenständig-realistischem Geschäftssinn. Er führte Verhandlungen mit möglichen Partnern in knackiger Offenheit und nahm zum Beispiel keinen Auftrag an, wenn nicht schon eine Aufführungsmöglichkeit inbegriffen oder zumindest in Sichtweite war. Und das Schönste: Gott hat bei der Entstehung des „Messias“ auf diese Eigenheiten Rücksicht genommen! Wie Gott auf jeden von uns eingeht, ging er auch auf Georg Friedrich Händel ein. Sonst wäre diese göttliche Musik nicht entstanden. Es lohnt sich einfach, diese Geschichte zu hören.


Können Sie uns schon etwas zu neuen Projekten von Ihnen verraten,

auf die wir uns in Zukunft freuen dürfen?

Im kommenden Jahr steht Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf auf unserer Hörbuch-Palette – sein 250. Todestag. Und es wird ein Musical geben über die Hugenotten, die ein anderer weitblickender Graf, Wilhelm Moritz, in unserem heimischen Greifenstein bei sich ansiedelte. Beim Stöbern stieß ich da auf eine bewegende Geschichte, und um diese wahre Begebenheit rankt sich das Musical „Merci Wilhelm Moritz“. Bedeutend daran ist, dass es uns die Augen dafür öffnet, wie vor mehr als 300 Jahren der „clush of cultures“, die Begegnung mit dem Fremden, die Integration von „Menschen mit Migrationshintergrund“ schon einmal gelungen ist, und zwar genau da, wo wir heute leben. Gott denkt in größeren Zusammenhängen und Zeiträumen als wir, die wir jetzt vielleicht nur die Bedrohung durch die Wirtschaftskrise wahrnehmen. Das finde ich mehr als ermutigend.

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Dieses Interview wurde zwischen Hanno Herzler und GerthMedien geführt. Quelle

weiere Fragen

Muss Jemand, der eine Neigung zum Bösen hat, zwingend Böses tun?

Und kann er sich dann Rechtfertigen, da er seiner Neigung sozusagen ausgeliefert war bzw. ist?

 

Selbst wenn mich etwas sehr zu einer (Un-)Tat hinzieht, habe ich immer die Möglichkeit, "nein" zu sagen, weil ich weiß, dass es "böse" ist. Dieser freie Wille - wir verlieren das Wesentliche unseres Menschseins, wenn wir ihn leugnen. Und was ist mit einer Instanz namens "Gewissen"? Seit Luther verdanken wir aber genau dieser Instanz die wertvollsten Errungenschaften unserer Kultur.



Interview bei Fazjob.net via "Sprungbrett"

Hanno Herzler bei fazjob.net via "Sprungbrett"

http://fazjob.net/ratgeber-und-service/sprungbrett/2013/05/123274_Das-Ur-Instrument-des-Menschen.html


Drei graue Sessel auf einer Bühne, auf ihnen sitzen Frauen in schicker Garderobe. Sie sprechen durch Mikrofone, ihre Stimmen klingen ruhig, gelassen, fast schon ungewöhnlich tief für das weibliche Organ. Die mittlere der drei ist Angela Merkel. Sie trägt ein türkisfarbenes Jackett, die Haare streicht sie sich gelegentlich hinter die Ohren, und je nach Gesprächspartnerin schaut sie zwischen Brigitte Huber und Meike Dinklage vom Frauenmagazin „Brigitte“ hin und her.


Viel besprochen war das „Brigitte“-Interview mit der Kanzlerin in der deutschen Presse. So offen hatte man Frau Merkel selten gesehen, sprach sie doch etwa darüber, was sie an Männern attraktiv findet und was sie denkt, wenn sie kocht. Nur eine Aussage blieb wenig zitiert, nämlich dass die tieferen Stimmen der Männer in der Politik von Vorteil seien. „Wenn ich mich selber piepsig höre, bin ich nicht recht mit mir zufrieden“, sagte Merkel. Mehr noch: Sie benutze tiefe Töne heute sogar häufiger als früher.


Tyrannei der Tiefe


Immer wieder ist zu lesen, dass tiefe Stimmen durchsetzungsfähiger seien als hohe. Die britische Sachbuchautorin Anne Karpf spricht gar von der „Tyrannei der Tiefe“, eine These, die schon von zahlreichen Studien belegt wurde. Geschäftsführer von Dax-Konzernen etwa sprechen tendenziell tiefer als ihre Altersgenossen mit gleichem Bildungsgrad. Und selbst dominante Tiere stoßen meist tiefere Laute aus als rangniedrigere.


Christa Maria Jürgens, studierte Opernsängerin und Stimmtherapeutin, will das nicht pauschalisieren. „Aber die Tendenz stimmt: Sonore Stimmen werden im Allgemeinen ernster genommen.“ Sonor – das bedeutet volltönend, nicht zwingend tief. Denn die Stimme setzt sich aus verschiedensten Frequenzen, Höhen wie Tiefen, zusammen.


Für Jürgens ist klar: privater wie beruflicher Erfolg hängt in großen Teilen von der Stimme einer Person ab. „Die Persönlichkeit eines Menschen liegt auf den Stimmbändern.“ Es sei unmöglich, einen schüchternen Menschen zu finden, der laut und intensiv spricht.


Im Unterricht setzt die Gesangspädagogin aus dem Sauerland deshalb auch auf Persönlichkeitsbildung. Ihre Stunden drehen sich nicht nur um Töne – sie fordert ihre Schüler etwa auf, aufrecht zu stehen, sich nicht für ihre Pfunde zu schämen, lauthals zu lachen und körperlich wie charakterlich auch mal aus sich heraus zu kommen. „Wer die Stimme trainiert, arbeitet auch automatisch an seiner Persönlichkeit. Beides ist gleichbedeutend“, sagt sie.


Hanno Herzler, Sprecher und Sprechtrainer, stimmt ihr zu. Auch könne man der Stimme die emotionale Verfassung eines Menschen anhören. „Unter Stress, etwa beim Vorstellungsgespräch, wird die Stimme häufig höher, rückt aus dem unteren Zwerchfellbereich hoch“, sagt er. Beim Reden geben wir also oft mehr über uns preis als das rein Gesagte. Wer lügt, dem hört man etwa oft ein leichtes Zittern an – oder er klingt belegt.


Mit der richtigen Technik kann man Unsicherheit allerdings kompensieren. Herzler spricht von dem Gegensatzpaar Spannung und Druck. Demnach klingen Töne meist gut, die durch Körperspannung erzeugt werden. Druck hingegen beansprucht die falschen Muskeln und führt zu gequetschten Lauten. Wer den Unterschied nicht auf Anhieb begreift, dem rät Jürgens, versuchsweise über einige Entfernung nach einem anderen Menschen zu rufen. „Dafür braucht der Körper eine Grundspannung, damit man ihn auch wirklich erreicht.“ Druck sei eher kontraproduktiv. Wer gequetscht oder quäkig klinge, dem würden außerdem regelmäßige Gähnübungen helfen, sagt Herzler. Das weite die Kehle und lockere verspannte Muskeln.


Der „Cinderella-Komplex“


Denn eine gefestigte Stimme macht sympathischer und durchsetzungsfähiger. Laut einer Studie der Technischen Universität Berlin empfinden wir etwa besonders hohe Frauenstimmen als zu „kleinmädchenhaft“. Herzler spricht vom „Cinderella-Komplex“ – denn Frauen, die höher sprechen, als sie natürlich veranlagt sind, sind nicht selten. Die Wissenschaft spricht hier von gesellschaftlich geprägten Signalen der Hilflosigkeit.


Kein Wunder, dass sich die weibliche Tonlage in den letzten Jahrzehnten verändert hat, hat sich die Rolle der Frau doch gewandelt. Um durchschnittlich 23 Hertz haben Europas Frauen ihre Stimmlagen in den vergangenen 50 Jahren abgesenkt. Eine Entwicklung, die auch Herzler in den letzten 20 Jahren bemerkt hat. „Heute sprechen die Frauen, die zu mir kommen, durchschnittlich viel natürlicher.“


Doch auch das andere Extrem hat Herzler bereits beobachten können. Es gibt Frauen, die absichtlich sehr tief sprechen. Der Sprechtrainer aus dem hessischen Greifenstein glaubt, das habe häufig eine psychosomatische Ursache. „Frauen, die natürlich reden, sprechen oft in einer Höhe, die Männer erst erreichen, wenn sie unsachlich werden. Das signalisiert manchem Mann unterbewusst, dass er sie nicht ernst nehmen muss.“ Also versuchen einige Frauen, mit Druck tiefer zu sprechen, als es ihre Natur ist, um mit Männern besser konkurrieren zu können. „Das ist sehr ungesund für die Stimmbänder“, sagt Herzler. Für tiefere und vollere Töne kann kontinuierliches Stimmtraining sorgen.


Wie man spricht, ist sehr stark von der Familie und dem Umfeld geprägt. Nicht umsonst spricht man von „der Muttersprache“. Forscher können einer Stimmführung ganze Teile der dahintersteckenden Lebensgeschichte entnehmen. Und so mancher Erpresseranruf hat schon zur Überführung des Täters geführt. „Kinder übernehmen häufig das Sprachmuster ihrer Eltern, manchmal sogar Sprachstörungen“, weiß Jürgens.


Auch in Bezug auf den Dialekt trifft das zu. Herzler beobachtet in seinen Rhetorik-Seminaren meist zwei konträre Meinungen, wenn es um dieses Thema geht. Viele seien sehr eins mit ihrem Dialekt und behaupteten fast schon trotzig, ihn niemals zu Gunsten des Hochdeutschen ablegen zu wollen. „Andere flehen mich geradezu an, dass ich ihnen helfe, den Dialekt ablegen zu können.“


Herzler rät, es mit dem Dialekt wie mit der Kleidung zu halten, nämlich dem Anlass entsprechend. „Schließlich tragen wir auf der Baustelle auch kein Abendkleid und in der Oper keinen Blaumann.“ Im Vorstellungsgespräch könne ein ausgeprägter Dialekt unprofessionell wirken, während die Freunde aus der Heimat einem eine gediegene Artikulation womöglich als hochgestochen vorwerfen.


Wie man es damit hält, bleibt letztlich jedem selbst überlassen. Sicher ist jedenfalls, dass es nicht schaden kann, die eigene Stimme zu trainieren – denn sie berührt das Gegenüber wie kaum ein anderer Sinn. Oder wie Jürgens es sagt: „Sie ist das Ur-Instrument des Menschen, das unmittelbar die Seele erreicht.“




Die hier aufgeführten Interviews sind im weltweiten, digitalen Netz frei verfügbar.